Ötztaler 2022 – die grüne Hölle


Der Ötztaler Radmarathon ist seit Jahrzehnten eines der Highlights im Radsportkalender. Vom RSC Essen Kettwig waren in diesem Jahr Walburga, Peter und Günther am Start. Obwohl es für Walburga und Peter nicht der erste Start beim Ötzi war, machte sich schnell eine kribbelnde Nervosität bemerkbar.

Die Gesamtstrecke des Ötztaler Marathons beläuft sich auf etwa 230 Kilometer, die über vier Alpenpässe mit insgesamt etwa 5000 Höhenmetern führt. Der höchste davon ist das Timmelsjoch mit 2509 Höhenmetern. Start und Ziel sind im österreichischen Sölden – eigentlich bekannt für Wintersport – jedes Jahr Ende August jedoch Mekka der deutschsprachigen Radsport-Szene mit mehreren tausend Teilnehmern.

Nachdem die Temperaturen im Sommer fast durchweg sehr heiß waren, war für den Renntag ein Temperatursturz und für den Nachmittag Regen angesagt. Am Vorabend regnete es tatsächlich, was die Stimmung etwas trübte, denn bei Regen über hohe Pässe zu fahren macht weniger Spaß und bringt auch mehr Risiko mit sich.

Pünktlich um 4:45 klingelte am Sonntag früh der Wecker, draußen war es trocken und auch nicht so kalt wie erwartet. Einige Fahrer und Fahrerinnen fuhren sich auf dem Campingplatz in Sölden bereits auf einem Rollentrainer warm.

Gegen sechs machten sich die drei auf dem Weg zum Startblock der schon gut gefüllt war, da sich viele andere noch früher aufgemacht hatten. Die Temperatur von mittlerweile 11 Grad machten das Warten bis zum Start dennoch angenehm. Peter hatte sich im Vorfeld entschieden, in diesem Jahr zurückhaltender zu fahren und Walburga zu begleiten.

Um 6:30 ging die Spitze des Rennens auf die Strecke, es dauerte einige Minuten, bis sich der riesige Lindwurm unter dem Applaus zahlreicher Zuschauer in Bewegung gesetzt hatte. Von Sölden geht es auf der Strecke zunächst über 30 Kilometer bergab nach Ötz. Manchmal wurde es in der Vergangenheit schon auf dem ersten Abschnitt sehr hektisch. Dieses Mal war die Abfahrt eher entspannt.

In Ötz beginnt der 18 Kilometer lange Anstieg zum Kühtai. Bedingt durch die teilweise schmale Straße und das große Teilnehmerfeld geht es hier zunächst ziemlich eng zu. Das legte sich aber nach wenigen Kilometern und alles zog sich auseinander. Am Kühtai folgte dann die erste Labe, an der man sich Stärken und die Trinkflaschen füllen kann. Diese ließen Walburga und ihre Mitstreiter aber aus und gingen direkt auf die Abfahrt.

Auf der Abfahrt folgte die erste der kurzfristig angekündigten Streckenänderung. Statt, wie in früheren Jahren, direkt hinunter nach Innsbruck zu fahren, wurde in einen kleinen Anstieg abgebogen. Auf dem Sträßchen war Achtsamkeit geboten. Es erwies sich als sehr steil – gut, wenn man vorher den passenden Gang gewählt hatte.

Nach der ersten Streckenänderunggings in den Anstieg zum Brenner, einer gut ausgebauten Straße mit überwiegend moderaten Steigungsprozenten, sodass hier und da Zeit und vor allem Luft für einen Smalltalk im Feld war. Die Stimmung war jedenfalls gut.

Am Brenner befand sich die zweite Labestation, welche dieses Mal auch Walburga, Peter und Günther ansteuern, um die Flaschen zu füllen und sich zu stärken, bevor es über eine weitere Umleitung über einen kurzen und für das Teilnehmerfeld eigentlich zu schmalen Radweg weitergeht, nach einigen hundert Metern nach Italien und wieder auf die Brennerstraße hinab nach Sterzing.

Vor dem 15 Kilometer langen Anstieg zum Jaufenpass gibt es noch eine Umleitung um Sterzing herum, die zukünftig immer Teil der Strecke sein soll, um den Ortskern von der stundenlangen Sperrung während des Radmarathons zu entlasten. Die Umleitung ist nicht sehr lang aber steil und anspruchsvoll ist allerdings landschaftlich auch sehr schön.

Auf dem Jaufen paarten sich auch dieses Mal wieder herrliche Ausblicke mit dem Wandel der Landschaft beim Überqueren des Passes – fantastisch! 

Nun ging es auf die technisch sehr anspruchsvolle und kurvenreiche Abfahrt hinab ins Passeier-Tal – und hinein in die brütende Hitze Südtirols. Danach wartete das Timmelsjoch – ein Pass, der völlig zu Recht das Prädikat „riesig“ trägt: Mit 30 Kilometern Länge und rund 1900 Metern Höhendifferenz ist er einer der längsten und schwersten (asphaltierten) Pässe im gesamten Alpenraum. Die ersten Kilometer gibt es eher moderate Steigungsprozente, bevor es dann vorbei am Örtchen Moos richtig steil und anspruchsvoll wird. Erfreulich war, dass die Organisation des Events eine zusätzliche Verpflegungsstelle eingerichtet hatte, wo sich die Teilnehmer mit fließendem Wasser abkühlen konnten.

Nach rund 15 Kilometer Anstieg folgt am Timmelsjoch ein mehrere Kilometer langer eher flacher Abschnitt, auf dem man sich erholen kann. Gegen Ende des Abschnitts folgte die nächste Verpflegungsstelle; Zeit sich zu stärken und die Flaschen nochmal zu füllen. Anschließend geht es weiter in den letzten rund 10 Kilometer langen Abschnitt zur Passhöhe. Der Ausblick der sich hier eröffnet ist sagenhaft – ein beeindruckendes Bergpanorama und eine Straße, der man mit großem Respekt entgegensieht, weil dort lange Hangtraversen mit zweistelligen Steigungsprozenten warten. Die Wolkendecke in dieser Höhe sorgte mit einigen Wassertröpfchen für eine willkommene Erfrischung.

Etwa drei Kilometer vor der eigentlichen Passhöhe folgt ein Tunnel und von da an hat man es fast schon geschafft, denn es gibt bis zum Pass, der auch die Grenze zwischen Österreich und Italien markiert, fast nur noch moderate Steigungen. Bis zum Ziel in Sölden folgen nun noch gute 20 Kilometer Abfahrt mit mehreren Serpentinen, die nach der bereits absolvierten Strecke nochmal alle Konzentration erfordert. Ganz besonders auch deshalb, weil es vor einigen Jahren gerade auf dieser Abfahrt kurz vor dem Ziel einen schweren Sturz einer befreundeten Radkollegin gegeben hat.

Unser Team rollt schließlich über die Ziellinie. Erleichtert auch darüber, ein solches Event wieder pannenfrei absolviert zu haben, noch dazu in diesem Jahr in einem besonders guten Team!